Bosanski Krupa - Bosanski Petrovac – Ključ – Mrkonjić Grad – Jajce – Donji Vakuf – Bugojno – Jablanica - Mostar (314 km)

Freitag, 16.08.2013

Ich bin schon um 7:15 wach und beaobachte am Fenster, wie auch die Stadt erwacht. Wir gehen in einen riesigen Raum frühstücken und machen uns dann bei blauem Himmel und strahlender Sonne auf den Weg. Noch ist unser Ziel Sarajevo und so fahren wir in Richtung Bosanski Petrovac.

Die Strecke- eigentlich ‚nur‘ 50 km lang, ist eine Schotterpiste, heller Schotter, nach der Kurve heller Schotter, nach der nächsten Kurve heller Schotter, an den Seiten Mischwald, es zieht sich. Mit Freude sehe ich wie sich die Kilometerschilder an der Seite runterzählen und dann…. Zählen sie wieder hoch, Kurve, Schotter, Kurve, Schotter, aber irgendwann ist auch diese Etappe geschafft, die sich immer wieder lockernde Gepäcktasche ist wieder befestigt, die Landschaft wird weiter und sanft hügelig.

"Und sagt nicht von denen, die auf Allahs Weg getötet werden, sie seien tot! Nein! Vielmehr sind sie lebendig; aber ihr nehmt es nicht wahr." Koran, Sure 2, 154 Bosanski Petrovac
Bosanski Petrovac ist eine Kleinstadt mit knapp 7500 Einwohnern. Während des 2. WK nutzten Tito und das Oberkommando der Partisanen die Stadt für einige Monate als Stützpunkt. In der Nähe befand sich das Zentralkrankenhaus der Partisanen. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand das Museum des aus Bosanski Petrovac stammenden Dichters Skender Kulenovic. Während des Bosnienkrieges war die Opcina heftig umkämpft. Die Stadt selbst erlitt wenig Zerstörungen, während alle umliegenden Ortschaften zu mindestens 50 Prozent zerstört wurden. In der Stadt selbst waren die 2.678 Bosniaken die größte Gruppe (49,8 %). 2.345 Bewohner bezeichneten sich als Serben (43,6 %). Dagegen gab es in den meisten kleineren Orten der Gemeinde eine absolute serbische Bevölkerungsmehrheit. Lediglich zwei Dörfer waren vorwiegend muslimisch. Durch den Krieg kam es zu erheblichen Bevölkerungsverschiebungen. Im Jahr 1998 wurden 6.963 Bosniaken, 474 bosnische Serben, 17 bosnische Kroaten und 1 Angehöriger anderer Ethnien gezählt, davon die meisten Vertriebene. Bei der Gesamtzahl von 7.455 muss zwar die Verringerung des Territoriums um etwa 145 km² berücksichtigt werden, dennoch war es zu einem großen Bevölkerungsverlust gekommen. Wikipedia
In Bosanski Petrovac versuchen wir die Strasse nach Sarajevo zu finden, fahren dabei zweimal durch das Zentrum unter den interessierten Blicken der Manner in den Cafes. Wolfgang beschließt dann einfach der Sonne nachzufahren und siehe da am Ende der Stadt ist die große Verbindungsstrasse da. Bosanski Petrovac ist die erste Stadt, in der mir der letzte Krieg sehr bewußt wird. Zerstörte Häuser, große muslimische und christliche Friedhöfe, Gedenkstelen für die muslimischen Gefallenen. Bei Ključ entscheiden wir fast simultan, dass wir nicht nach Sarajevo fahren, sondern direkt nach Mostar, ich dachte, ich entgehe den Kriegsfolgen, aber weit gefehlt. Und so fahren wir über Mrkonjiæ Grad nach Jajce. Die Landschaft ist einfach nur schön, weite Täler an ruhigen Flüssen, sanfte Hügel, dazu die Sonne und der blaue Himmel und eine herrliche Asphaltstrasse :-)
Jajce, ein geschichtsträchtiger Ort, quirlig und beliebt wegen des Zusammenflusses der beiden Flüsse Pliva und Vrbas, die sich in einen Wasserfall mitten in der Stadt ergießen. Jajce war während des 2. Weltkrieges 1943 Schauplatz der 2. Versammlung des Antifaschistischen Volksbefreiungsrates und gilt als Gründungsort der SFR Jugoslawien. Die Strassen sind eng und dicht bevölkert.
auch hier sind die Nachwirkungen des Krieges zu sehen Esma-Sultanija-Moschee

Jajce war vor der Eroberung durch das Osmanische Reich Sitz der Könige Bosniens. Der Name der Stadt lässt sich auf das Wort jaje für „Ei“ zurückführen. Während des Zweiten Weltkrieges war Jajce aufgrund seiner Lage in unbesetztem Gebiet Schauplatz wichtiger politischer Ereignisse. Im Gebäude des ehemaligen Sokol-Turnvereins traf sich vom 21. bis 29. November 1943 die 2. Versammlung des Antifaschistischen Volksbefreiungsrates (AVNOJ), auf der historische Beschlüsse gefasst und das föderalistische Konzept für das sozialistische Jugoslawien entwickelt wurden (AVNOJ-Beschlüsse). Daher gilt Jajce als Gründungsort der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien. Vor dem Bosnienkrieg lebten in Jajce ca. 45.000 Menschen; heute hat die Gemeinde um 30.000 Einwohner, meist bosnische Kroaten und Bosniaken. Bei der Rückkehr von während des Krieges vertriebenen Einwohnern kam es wiederholt zu Spannungen, denen im Jahr 1997 ein Mensch zum Opfer fiel. Wikipedia

Die Pliva fließt über einen etwa 20 m hohen Wasserfall in die Vrbas-Schlucht.
Von Jajce aus fahren wir die M16 Richtung Donji Vakuf und weiter nach Bugonjo, dort erwischen wir die falsche Strasse und fahren durch ein herrliches Waldgebiet mit super Serpentinen, kurz bevor wir umkehren sehen wir von den Bergen kommend im Tal die Stadt Kupres, an deren Nordeingang eine riesige Basilika hell leuchtend in der Sonne steht. Für jeden Kunsthistoriker eine Augenweide, denn diese mit 60 Metern Länge, 30 Metern Breite, 26 Metern Dachhöhe und 50 Metern Turmhöhe ist die größte katholische Kirche des Landes und sie ist im klassischen Stil einer Basilika errichtet. Die eigentlich 1969 erbaute Kirche war 1992 komplett zerstört und erst bis 2004 als Wallfahrtskirche zur Heiligen Familie wieder erbaut worden.
Um wieder auf den richtigen Weg nach Mostar zu gelangen, drehen wir nach einem kurzen Picknick vor der Kirche um und fahren durch den Tunnel Kupreška vrata wieder auf den Pass nach Bugonjo zurück.
Von dort weiter auf der M16-2 Richtung Gornji Vakuf, an malerischen weiten Flußtälern. Die kleinen Orte, die wir queren zeichnen sich vor allem durch ihre großen, leider durch den letzten Krieg zu großen, Friedhöfe aus, was mich immer wieder sehr nachdenklich und traurig stimmt. Von Gornji Vakuf aus kommen wir in das Gebiet des Jablanica-Stausees, der 25 km! lang ist und durch die Neretva gespeist wird. In Jablanice gibt es mitten im Zentrum einen Verkahrsstau, denn es ist Freitag und somit Hochzeitstag für einige Familien, die mit laut hupenden Karossen die Strassen verstopfen :-)
Jetzt macht sich bei mir die Müdigkeit breit, die Strassenführung tut auch einiges dafür, Serpentinen, links der Fluß, rechts die Gebirgsmassive, Schatten wechselt sich mit Sonne ab und ich richte mich auf diese Umgebung bis nach Mostar ein - doch dann wird alles anders. Die Neretva-Schlucht tut sich auf, in der Nachmittags- bzw. abendlichen Sonne ist es eine wahre Freude durch diese kolossale Landschaft zu fahren.
Wir sind nach diesem ‚hinternwehtuenden Ritt’ froh als wir Mostar erreichen, nach dem anfänglichen Suchen eines Hotels in einer mit Touristen vollen Innentadt, beschließen wir wieder zum Stadtrand hin ein gesehenes Hotel anzufahren. Es ist das Amicus, mit Pool, interessanter rosa Farbe :-), einem hauseigenen Parkplatz und einem sehr zuvorkommenden Portier bekommen wir für 35 € ein nettes Zimmer, mit Superdusche, Kleinküche und WLAN.
Wir sind beide alle, Wolfgang ruht sich kurz aus, ich genieße die Dusche und surfe ein bißchen im Netz und dann machen wir uns auf, die Innenstadt von Mostar zu erobern. Unsere Eroberung beschränkt sich aufgrund unserer körperlichen Verfassung auf den Gang der Gasse zur berühmten Brücke von Mostar. Auf dem Weg dorthin begegnet uns ein Stadtbild, geprägt von wieder errichteten klassizistischen Gebäuden, modernen Kaufhäusern und Ruinen. Man merkt der Stadt ihre wechselvolle Geschichte bei jedem km an. Wir bekommen in Stari Grad, der Alten Stadt einen Parkplatz und schlendern durch die kleine Strasse, in der sich neben unzähligen Touristen natürlich die vielen kleinen Kunstläden ihren Stammplatz haben.

Die meisten Häuser stammen noch aus osmanischer Zeit. Und dann stehen wir auf ihr - der Stari Most über dem nicht zu unrecht als smaragdgrün bezeichneten Fluß Neretva. Auf der rechten Seite ist kein Platz, denn dort stehen die Brückenspringer und warten darauf von den Menschenmassen angefeuert zu werden und die sich den Sprung in die 20 m tiefe Neretva auch bezahlen lassen.

Die Brücke, 1556 bis 1566 vom osmanischen Architekten Mimar Hajrudin galt als ein Meisterwerk der Ingenieurskunst. Während des Bürgerkrieges in Bosnien und Herzegowina wurde die Brücke am 9. November 1993 durch mehrstündigen Beschuß zerstört. Die offizielle Wiedereröffnung der Brücke fand unter Anwesenheit von Vertretern aus sechzig Staaten am 23. Juli 2004 statt, begonnen wurde der Wiederaufbau bereits 1995, mit Unterstützung der UNESCO, der Weltbank und der Türkei. Er kostete etwa 15 Millionen Euro. Den Wiederaufbau der Brücke übernahm die türkische Firma ER-BU. Dabei wurden, soweit noch vorhanden und nutzbar, die alten Steine wiederverwendet und fehlende aus demselben Steinbruch wie 1566 ersetzt. Insgesamt sollen 1088 Steinquader verbaut worden sein. (Quelle: Wikipedia)
Auf dem Weg zur Brücke sah ich ein kleines Gartenrestaurant, in das wir jetzt einkehren, weil die am Abend „Livemusik“ mit 150 Gästen - ich vermute eine Hochzeitsgesellschaft - haben, bekommen wir ‚nur’ Cevapcici mit frischen Pommes und einem leckeren Salat. :-) Langsam wird es dunkel und wir besorgen uns noch Getränke in einem kleinen Laden mit dessen Verkäuferin ich noch ein kleines Gespräch über die Freundlichkeitsunterschiede bei Touristen habe - und schneide in ihren Augen recht gut ab.
Auf der Heimfahrt zum Hotel biegt Wolfgang verkehrt ab und wir kommen in eine total dunkle Strasse, in der diverse Mülltonnen rauchen und ältere, kriegsversehrt Männer an Hauseingängen stehen, die uns recht intensiv beobachten - wir drehen schnell um und ab auf die hell erleuchteten Hauptstrassen Richtung Amici.
15. August 2013 17. August 2013